DGPR trauert um Privatdozent Dr. med. Detlef Gysan
Langjähriges DGPR-Mitglied im Alter von 67 Jahren viel zu früh verstorben
Die Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen (DGPR) trauert um Privatdozent Dr. med. Detlef Gysan (*11.1.1956). Der niedergelassene Kardiologie am Medizinischen Versorgungszentrum für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und Rehabilitationsmedizin in Köln-Poll, ist am 9. März 2023 im Alter von 67 Jahren leider viel zu früh verstorben.
Gysan trat 1996 als Mitglied in die DGPR ein. Intensiv beteiligte er sich an dem in der Deutschen Sporthochschule Köln entwickelten „Kölner Modell“ und bahnte mit wichtigen Studien und Modellprojekten (Modellprojekt der LVA-Rheinprovinz und der rheinischen Krankenkassen zur ambulanten/teilstationären kardiologischen Rehabilitation) der ambulanten kardiologischen Rehabilitation in Deutschland den Weg. Heute gelten die ambulante und stationäre kardiologische Rehabilitation als gleichwertige Rehabilitation der Phase II. Von 2006 bis 2010 fungierte er als Stellvertretender Sprecher und ambulanter Vertreter im Ausschuss Phase II der DGPR, dem Gremium der ärztlichen Leiter von kardiologischen Rehabilitationseinrichtungen, dem er anschließend noch bis 2013 weiter angehörte. Gysan war regelmäßig leidenschaftlicher Referent und gern gesehener Besucher auf zahlreichen DGPR-Jahrestagungen. 2010 richtete er als Tagungspräsident, gemeinsam mit Prof. Dr. med. Stephan Gielen, die 37. Jahrestagung mit dem Thema „Kardiologische Rehabilitation – Bindeglied zwischen Akut-Therapie und Dauerbehandlung“ in Berlin aus. Seit 2022 war er Mitglied der Prüfungskommission „Kardiovaskulärer Präventivmediziner DGPR“.
Neben seinem beruflichen Wirken als niedergelassener Arzt nahmen die begleitende Forschung und Lehre in der kardiovaskulären Prävention und Rehabilitation und deren Umsetzung in die Versorgungspraxis einen wichtigen Stellenwert ein. 2018 erhielt er gemeinsam mit den beiden Co-Autoren Prof. Dr. Birna Bjarnason-Wehrens und Prof. Dr. Hans-Georg Predel 2017 den renommierten Hufeland-Preis für bedeutende Forschungsleistungen auf dem Gebiet der Präventivmedizin. Die Kölner Studiengruppe erhielt den Preis für ihre Studie „Langzeiteffekte einer risikoadjustierten multimodalen Intervention bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten durch eine randomisierte kontrollierte Endpunkt-Studie“. Er war Mitbegründer und (ambulanter) Sprecher des kooperativen Kölner Herzzentrums beidseits des Rheins sowie Mitinitiator des Herzinsuffizienz-Versorgungsmodells CorBene der Betriebskrankenkassen bundesweit.
In seiner Wahlheimat Köln war Gysan nicht nur als „Vollblutarzt“, sondern auch durch sein vielfältiges politisches und gesellschaftliches Engagement stadtbekannt. Nicht nur in der Lokalpolitik, sondern seinem positiven und gewinnenden Naturell entsprechend, auch im Kölner Karneval als Senator in der Ehrengarde der Stadt Köln. Mit seiner Frau Linda Mai, einer Ukrainerin, gründete er 2015 den gemeinnützigen Verein Blau-Gelbes Kreuz, der seither humanitäre Hilfe, insbesondere mit zahlreichen Hilfslieferungen, vor allem im medizinischen Bereich, für die Ukraine organisiert. Wir bitten um Spenden in seinem Andenken, die heute wichtiger sind als jemals zuvor. (www.bgk-verein.de).
Um den Menschen Detlef Gysan in Gänze zu verstehen, muss man seine Lebensgeschichte kennen. Detlef Gysan wurde am 11. Januar 1956 geboren. Nachdem er zunächst auch die Theologie als Berufsfeld in Erwägung gezogen hatte, promovierte er nach dem Studium der Humanmedizin von 1977 bis 1983 mit Staatsexamen 1983 zum Dr. med. an der Universität Rostock. Es folgte die Ausbildung als Assistenzarzt für Innere Medizin, die durch seine politische Inhaftierung in der ehemaligen DDR von 1985 bis 1987 in den Staatssicherheitsgefängnissen Rostock, Cottbus, Brandenburg und Karl-Marx-Stadt jäh unterbrochen wurde. Grund: Mit vier weiteren Universitätsmitgliedern hatte Gysan eine ohne ihr Wissen geplante, als Ehrung deklarierte Ernennung zum Offizier der Nationalen Volksarmee (NVA) im Rahmen einer Feierstunde der Universität Rostock abgelehnt. Bereits am Tag darauf begann für ihn eine 18-monatige Stasihaft. 1987 erfolgte der Freikauf durch die Bundesrepublik Deutschland mit Übersiedlung nach Köln, wo er die Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin an der Universitätsklinik 1991 abschloss. Nach der Weiterbildung in Kardiologie praktizierte er seit 1993 als niedergelassener Kardiologe in Köln-Poll. Nach einer Lehrtätigkeit an der Deutschen Sporthochschule 2012 dozierte er ab 2014 an der Universität Witten/Herdecke, wo er 2018 habilitierte.
Die DGPR verliert mit PD Dr. med. Detlef Gysan nicht nur einen bedeutenden Mitstreiter und Wegbereiter für die kardiovaskuläre Prävention und Rehabilitation in Deutschland, sondern auch eine zeitlebens außergewöhnliche Persönlichkeit. Die DGPR wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Text: P. Ritter
Foto: AmKaRe, Köln