S3–Leitlinie zur kardiologischen Rehabilitation im deutschsprachigen Raum Europas (D-A-CH)

S3–Leitlinie zur kardiologischen Rehabilitation im deutsch­spra­chigen Raum Europas (D-A-CH) ist veröffentlicht

DGPR in Kooperation mit ÖKG und SGK

Januar 2020: Nach der konstituierenden Sitzung des Leitungskomitees am 24. September 2014 in Frankfurt am Main ist die erste S3–Leitlinie zur Kardiologischen Rehabilitation (LL-KardReha) im deutschsprachigen Raum Europas, Deutschland, Österreich, Schweiz (D-A-CH) nach einem gut fünfjährigen Entwicklungsprozess am 10.01.2020 von der AWMF anerkannt und veröffentlicht worden. AWMF Register-Nr. 133-001. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/133-001.html

Neben der federführenden Fachgesellschaft DGPR haben 6 weitere deutsche Fachgesellschaften (DGK, DGTHG, DGSP, DKPM, DGRW, BNK) sowie die kardiologischen Gesellschaften aus Österreich (ÖKG) und der Schweiz (SGK) diese LL konsentiert. Wegen der großen Bedeutung sozialmedizinischer Fragestellungen wurde die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV-Bund) inhaltlich beteiligt. Über die Deutsche Herzstiftung waren 4 Patientenvertreter eingebunden, damit die Aspekte der partizipativen Entscheidungsfindung („patients preference“) berücksichtigt werden konnten. Der mehrstufige interne und externe Review-Prozess wurde methodisch von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) begleitet. Die LL-KardReha ist unter dem o.a. Link und über www.awmf.org sowie www.dgpr.de frei einsehbar.

Die Initiative zur Erstellung dieser Leitlinie und die Federführung lagen bei der „Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen“ e.V. (DGPR). Koordiniert wurde der Leitlinienprozess durch Prof. Dr. med. Bernhard Schwaab, Timmendorfer Strand und Prof. Dr. med. Bernhard Rauch, Ludwigshafen. Herausgeber der Leitlinie sind die Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (D-A-CH), die sich klinisch und wissenschaftlich mit der kardiologischen Rehabilitation beschäftigen. Neben der DGPR sind dies die „Arbeitsgruppe Prävention, Rehabilitation und Sportkardiologie“ der ÖKG und die „Swiss Working Group for Cardiovascular Prevention, Rehabilitation and Sports Cardiology“ (SCPRS) der SGK. Der Geltungsbereich der Leitlinie erstreckt sich auf die an der Erstellung der Leitlinie beteiligten Länder Deutschland (D), Österreich (A) und die Schweiz (CH).

Hintergrund: Im Jahr 2007 wurde von der DGPR erstmals eine konsensbasierte Leitlinie zur kardiologischen Rehabilitation in Deutschland veröffentlicht, deren Anpassung an die aktuellen medizinischen Entwicklungen und formalen Leitlinien-Anforderungen zwingend erforderlich geworden war. Für die vorliegende neu verfasste Leitlinie ergaben sich u.a. folgende Zielsetzungen:

  • Strukturierte Neuentwicklung und Darstellung der Leitlinie zur kardiologischen Rehabilitation für den praktischen Rehabilitationsalltag im deutschsprachigen Raum auf der Basis der aktualisierten wissenschaftlichen Evidenz.
  • Erhöhung der Validität der Leitlinie durch externe Kontrollen und Begleitung der Leitlinienentwicklung und -methodik durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF)
  • Stärkung der Gültigkeit und Verbindlichkeit der Leitlinie durch die Beteiligung relevanter Fachgesellschaften, Kostenträger und Patientenorganisationen
  • Harmonisierung der kardiologischen Rehabilitation im deutschsprachigen Raum Europas durch aktive Beteiligung der Nachbarländer Österreich und Schweiz
  • Aufbau einer Struktur- und Datenbasis für eine künftige, langfristige Leitlinientradition, die als Kontrollinstrument aber auch als Motor für die kontinuierliche Weiterentwicklung der KardReha in der klinischen Praxis im deutschsprachigen Raum dienen soll.

Inhaltlich befasst sich die LL mit dem gesamten Spektrum der KardReha, ausgehend von den Zielen und den Indikationen bis hin zu den therapeutischen Schwerpunkten (medizinische Betreuung, Sekundärprävention und körperliches Training, psychosomatische Betreuung und Schulungen). In besonderem Maße wird auf die individuelle Betreuung der Patienten unter Berücksichtigung des jeweiligen Krankheitsbilds, wichtiger Komorbiditäten und der jeweiligen psychosozialen Situation Wert gelegt. Auch seltenere Indikationen zur KardReha wie „EMAH“, „VAD“, „Myokarditis“, „pAVK“, „Lungenembolie“ und „pulmonale Hypertonie“ werden evaluiert.

Für Patienten mit KHK, chronischer Herzinsuffizienz, Klappenvitien und/oder psychologischer Komorbidität besteht jeweils eine starke Empfehlung zur Durchführung einer KardReha, da die Prognose und/oder die Lebensqualität verbessert werden können. Bei Patienten nach akutem Koronarsyndrom und nach Bypass-OP senkt die Teilnahme an einer KardReha die Gesamtmortalität deutlich. Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer systolischer Herzinsuffizienz (HFrEF) werden körperliche Belastbarkeit und Lebensqualität signifikant verbessert. Gemäß erster Studienergebnisse senkt eine KardReha auch bei Patienten nach Klappenkorrektur, insbesondere nach TAVI, die Mortalität.

Über die Hauptindikationen der KardReha hinaus diskutiert die LL auch ausführlich die rehabilitative Therapie selbst. Dies betrifft insbesondere das differenzierte körperliche Training, das kardiovaskuläre Risiko-Management, die psychosozialen Interventionen und die Schulungen.

Zusammenfassend illustriert diese Leitlinie die Stärken aber auch die Grenzen der aktuell praktizierten kardiologischen Rehabilitation. Gut belegt ist, dass die Intensität der therapeutischen Maßnahmen wie körperliches Training und Reduktion der kardiovaskulären Risikofaktoren ein Minimum überschreiten muss, um insbesondere die Prognose der betroffenen Patienten zu verbessern.

Entwicklungsbedarf besteht bei den Rehabilitationswissenschaften. Hier fehlt es u.a. an weltweit akzeptierten Standards zur Durchführung kontrollierter Reha-Studien. Auch sind viele spezifische Patientengruppen oder spezielle Themen wie die soziale Wiedereingliederung der Patienten oder die Kosten-Effektivität der Rehabilitation unzureichend untersucht.

Diese länderübergreifende Leitlinie zur kardiologischen Rehabilitation soll somit nicht nur eine Hilfe und Orientierung im Rehabilitationsalltag sein, sie soll vielmehr auch dazu beitragen die KardReha zum Wohle der Patienten weiterzuentwickeln.

Während der 86. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) vom 15. – 18. April 2020 in Mannheim wird diese LL im Rahmen eines eigenen Symposiums am Freitag, 17. April um 11:30 Uhr in Raum 19, vorgestellt.

Die DGPR dankt allen beteiligten Autoren, Mitarbeitern und Fachgesellschaften sowie allen Unterstützern, die die Erstellung der Leitlinie möglich gemacht haben.

Prof. Dr. med. Bernard Schwaab & Prof. Dr. med. Bernhard Rauch

 

Die Langfassung der Leitlinie und die zugrunde liegenden Meta-Analysen stehen auch zum Download bereit unter der Rubrik Leitlinien